In der Nacht vom 9. zum 10. November 2013 jährt sich zum 75. Mal die Reichspogromnacht, bei der jüdische Synagogen brannten, Geschäfte und Wohnungen jüdischer Mitbürger verwüstet und in der Folge Gräueltaten verübt wurden und Millionen Todesopfer zu beklagen waren.
Die Idee, anlässlich des 75. Jahrestags der Reichspogromnacht ein Oratorium aufzuführen, wurde in den verschiedenen Gremien des Solitude-Chors vorab durchaus kontrovers diskutiert. Warum sollen wir als Chor das schwierige Thema Holocaust aufgreifen? Sollte man es nach so langer Zeit nicht einmal ruhen lassen?
Kein Chormitglied hat den 2. Weltkrieg miterlebt. So stellt sich für die meisten die Frage nach einer "Mitschuld" am Holocaust nicht (mehr). Doch nachdem in Deutschland wieder Menschen zu Tode geprügelt werden, nur weil sie eine andere Hautfarbe oder Gesinnung haben, sich Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit immer mehr verbreiten, in manchen deutschen Stadien Hunderte von Fußballfans Woche für Woche zum Hitlergruß menschenverachtende Parolen grölen, war unsere übereinstimmende Meinung, dass es Gründe genug gibt, daran zu erinnern, wohin diese nationalistische Gesinnung führen kann, und warum es so wichtig ist, sich für Toleranz und Demokratie einzusetzen. Die Gefahr besteht weiterhin, dass Menschenverachtung, Willkür und Ausgrenzung aufflammen. So erinnert Bundespräsident Joachim Gauck daran, dass das Unvorstellbare jederzeit einzukalkulieren ist: "Humanität ist nie im sicheren Hafen. Sie zerfällt oder wird beschädigt, wenn Ratio und Moral gegeneinander stehen. Unsere Zivilisation ist nicht Geschichte im Endstatium, sondern vorübergehend gesicherte Existenzform".
Wir nehmen diesen Gedenktag zum Anlass, das Holocaust-Oratorium „i believe “ des Komponisten Zane Zalis aufzuführen:
Denn wo Worte nicht ausreichen, kann Musik mehr vermitteln: Gedenken und Erinnern, Verständigung und Versöhnung.
Das Oratorium spricht alle Generationen an - auch junge Menschen, die durch diese Musik einen anderen Zugang zu den Geschehnissen erlangen. Die Zuhörer erfahren durch die geschilderten Schicksale, wie viel Schmerz und Grausamkeit in dieser Zeit ertragen wurde, aber auch, dass es immer Hoffnung und Zuversicht gab.
Eine ganz besondere Freude und Ehre ist es für uns, dass der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, die Schirmherrschaft für unsere Konzerte von „i believe“ übernommen hat.